Türkei 2000

Was macht ein norddeutscher Landsegelclub im Herbst? Der Gütersloher Yacht-Club entschied sich für ein Flottillenangebot. 10 Erwachsene und 8 Jugendliche – letztere hatten fast alle im Sommer ihren Segel-A-Schein gemacht – starteten am 07.10.2000 zu einem türkischen Segelabenteuer. 3 Schiffe waren gechartert worden, mit denen die Crews eine Woche lang von Marmaris aus die türkische Ägäis erkundeten.

2 Skipper und eine Skipperin wurden vom Yacht-Club gestellt, die Crews waren unterschiedlich erfahrene Segler bis hin zu völligen Neueinsteigern. Schnell war klar, dass es ein Erwachsenen- und zwei Jugendboote geben würde. Mit dieser Aufteilung waren alle Crews vom ersten bis zum letzten Tag äußerst zufrieden.

Tagesetappen führten von Marmaris über die Bucht von Fethiye bis hin zur jedermann bekannten Panoramabucht Ölü Deniz. Kein Tag ohne Schwimmen und Tauchen. Herrliche Klima- und Segelbedingungen in einer Jahreszeit, wo wir zuhause die Schiffe schon einwintern.

„Ganz schön eng“ gesteht Rainer, der seine ersten Törnerfahrungen sammelt. Dennoch ist er begeistert: „So beeindruckend kann man eine Reise nur mit dem Segelboot erleben.“ Und die Youngster finden es sowieso einfach cool, mit Begeisterung erledigen sie alle Arbeiten an Bord, vom Navigieren und Funken bis hin zum Segeltrimm und Steuern gibt es viel zu lernen.

Was ist nun im Einzelnen passiert? Mit dem Flieger und einem Bus ging es am 07.10.2000 nach Marmaris, wo wir bereits im Dunkeln ankamen. In der Türkei ist es pünktlich abends um 18.00 Uhr stockfinster. Der Bus brachte uns fast bis auf den Steg. Schnell wurden die Schiffe belegt, um noch einen Eindruck von der nächtlichen Altstadt von Marmaris zu erhaschen. Mit einem türkisch-europäischen Abendessen und erster Bekanntschaft mit einer Wasserpfeife gelang das gut.

Am nächsten Morgen wurde bereits um halb acht auf der Terrasse des Hafenrestaurants das Frühstücksbuffet geplündert. Die Skipper übernahmen die Schiffe. Die Schatzmeisterin und die Proviantierungsgang stürzten sich in das Versorgungsabenteuer. Mit ca. hundert Tüten und einige Millionen Lire erleichtert kamen sie zurück. Endlich ablegen. Schon in der Bucht von Marmaris nahm uns ein netter Wind in Empfang – Ziel Maden Iskele. Eine wunderschöne Bucht, Wald bis ans Wasser. Kaum lagen die Schiffe vor Anker und waren mit Heckleinen an Felsen oder Bäumen vertäut, gab es kein Halten mehr: Schwimmen bei 26 Grad Wassertemperatur Mitten im Oktober.

Hoch über der Bucht ein opulentes Mahl – aber My Marina Bay ist schon sehr touristisch auf die Segelgäste eingestellt: 290 Millionen Lire für 18 Personen.

Der nächste Morgen begann mit einer ganz typischen Türkeisituation: Ankerwooling. Die Wassertiefe ist oft auch in den Buchten noch so groß, dass lange Ankerketten gesteckt werden müssen. Da passiert es nicht selten, dass die eine Kette über der anderen liegt und vielleicht noch eine dritte darüber. Aber das hatten wir bald in aller Ruhe gelöst und konnten starten in Richtung Fethiye Körfezi. Der Wind blies mit ca. 20 Knoten (4-5 Beaufort) natürlich direkt gegenan. Also ging es zunächst auf die Kreuz.

Faszination machte sich breit: die Farbe des Wassers, dieses unglaubliche Farbspiel von blau bis lila wurde auf jedem Schiff zum Thema. Am späten Nachmittag erreichten wir Sarsale, eine nach Osten offene Bucht, mit hohen Bergen umgeben. Wie auch schon zuvor, reicht auch hier der Wald bis ans Ufer. Auf dem südlichen Berg eine Ruine mit roter türkischer Flagge. Da sollte man schon einmal hinaufklettern, der Blick von dort oben war einfach gigantisch. Noch eine kleine Segelreperatur, dann ging es mit einem kurzen Schlag weiter nach Göcek, einer kleinen Stadt im Norden der Fethiye Bucht. Die Marina von Camper und Nickelson ist nagelneu und komfortabel. Ein guter Hafenservice, Restaurants, Bars, ein Supermarkt, eine hübsche Promenade in das kleine Städtchen. Am Marktplatz das Minarett. Gewitterwolken schoben sich über die Berge und ließen den Ort für Augenblicke in ein unwirkliches Licht versinken. Ein Regenbogen vor schwarzen Gewitterwolken, direkt neben dem Minarett – was für ein Erlebnis.

Hier hatte es uns gefallen, aber wir wollten mehr sehen. Vor dem endgültigen Ablegen wurden noch ein paar Hafenmanöver exerziert – schließlich wollte jeder noch etwas dazulernen. Dann ging es in Richtung Ölü Deniz. Jeder kennt diese Landzunge von den Titelbildern der Reiseprospekte. Auf respektablen 15-20 Metern Wassertiefe ankerten wir fast unmittelbar vor dem Strand. Aber was war mit dem Wasser? Nicht blau, nicht lila, leuchtend türkis, dass man es nicht für möglich hält.

Trotzdem mussten wir uns trennen, um für die Nacht eine geschützte Bucht anzusteuern: im Kennerkreis die Alibucht, offiziell Bestas Limani. Neuerdings gibt es 2 Restaurants. Man merkte es gleich an den Begrüßungsbooten, die um die Gunst buhlten, unsere Heckleinen an den Felsen festmachen zu dürfen. „Großmutter kocht, das Restaurant liegt nur 100 Meter im Berg, wir holen Sie um 19.30 Uhr ab.“

Punkt 19.30 Uhr preschte das Motorboot heran, das uns alle an Land brachte. Der Taxidriver nahm sich noch schnell einen Tisch auf den Rücken und hüpfte wie eine Gazelle den Berg hinauf. Oh, 100 türkische Meter sind wohl eher 500 deutsche Meter in den Berg hinauf. Dort standen ein kleines Bruchsteinhaus – die Küche – ein großer gemauerter Außengrill und Tische im terrassierten Olivenhain. Es gab Wildschwein, Lamm, Fisch oder Huhn in herrlicher Frische. Ab und zu fiel der Strom aus und plötzlich wurden die Köche zu Elektroingenieuren. Eine herrlich entlegene Welt voller Urtümlichkeit. Beseelt taperten wir den dunklen Weg zurück zur Bucht und wurden von unserem Taxidriver zurück zu unseren Schiffen gebracht.

Kaum glänzte die Sonne rot über den Bergen, starteten wir am nächsten Morgen Richtung Westen. Ein langer Törn lag vor uns, um Marmaris wieder nahe zu kommen. Vor allem die Jugendlichen nahmen schmerzlich wahr, dass der Törn nun fast zu Ende war. Noch einmal schwimmen, noch einmal tauchen und die Felsen beklettern. Sollte das wirklich schon unser vorletzter Tag an den Küsten des Lichts sein? Am nächsten Morgen konnten wir uns kaum lösen, kamen erst mittags weg. Marmaris, wir waren wieder zurück. Noch ein nächtlicher Besuch im türkischen Basar, noch einmal die Wasserpfeife … wir kommen wieder, wir müssen hier noch einmal hin.

„Es war unser erster Versuch, vom Yacht-Club Gütersloh einen Chartertörn für Jedermann anzubieten. Wir wollen deutlich machen, dass der Club auch für Chartersegler interessant ist“, erläutert Dr. Ulrich Tschöpe, der Präsident des Gütersloher Yacht-Clubs. Nach diesem herrlichen Segelerlebnis wird es sicherlich nicht das letzte Angebot bleiben.